St. Croix – Die weissen Schafe der Jungferninseln
St. Croix, ehemals Santa Cruz, die größte Insel der karibischen Jungferninseln (Islas Virgines, Virgin Islands) hat dieser Haarschafrasse ihren Namen gegeben. Ebenso wie alle anderen Haarschafrassen und -schläge, die seit der Kolonialzeit in der Karibik und anderen Regionen Südamerikas zu finden sind, stammen auch die weißen St. Croix-Schafe von westafrikanischen Haarschafen ab, die mit den Schiffen der Sklavenhändler als Lebendproviant in die Karibik gelangten. Der Verwandtschaftsgrad zwischen diesen Rassen ist hoch, oft unterscheidet sie nur die als rassetypisch erachtete Fellfärbung.
Die Jungferninseln haben seit der Entdeckung durch Columbus mehrmals ihre Besitzer gewechselt. Spanier, Franzosen, Dänen, Deutsche, Briten und Amerikaner wechselten einander ab. Alle, vor allem aber die europäischen Besitzer während der Sklavenwirtschaft, haben in der Vergangenheit Schafrassen aus Europa mitgebracht und mit den westafrikanischen Haarschafimporten gekreuzt. Wir müssen wohl annehmen, dass das wenig systematisch geschah und dass die heute als St. Croix bezeichnete Rasse in den vergangenen 300 Jahren im wesentlichen durch natürliche Selektion entstanden ist. Mit Ausnahme der weißen Fellfarbe weisen St. Croix-Schafe in der Entstehungsgeschichte, im Phänotyp, in ihrer Morphologie und auch in den Leistungen, starke Ähnlichkeiten mit der Barbados Blackbelly-Rasse auf.
Erst seit mit dem Niedergang der Preise für Rohwolle in den Industrieländern der nördlichen Hemisphäre die Zucht von Haarschafen immer wirtschaftlicher wurde, schenkte man dieser interessanten Ressource die Beachtung, die sie verdient. Ab etwa 1960 (Michael Piel, siehe Katahdin-Schafe) wurden in mehreren Schüben kleinere Stückzahlen von St. Croix-Schafen in die USA gebracht und hier züchterisch weiter entwickelt.
St. Croix-Schafe sind robuste, mittelrahmige und hornlose weiße Haarschafe. In nördlichen Ländern tragen sie im Sommer eine Kurzhaardecke und im Winter ein Winterfell mit dichter Unterwolle. Dieses wird wie bei den anderen Haarschafen auch im Frühjahr auf natürliche Art gewechselt. Sie müssen daher nicht geschoren werden. Alte Böcke haben ebenso wie die Barbados Blackbelly-Schafe eine schwere Halsmähne, die bis zu den Knien herab fällt.
Erwachsene Böcke erreichen Gewichte bis zu 90 kg LG.
Erwachsene Auen erreichen Gewichte bis zu 68 kg LG.
Die Geburtsgewichte liegen bei Zwillingsgeburten um 3,2 kg.
50-75% aller Geburten sind Mehrlingsgeburten. Die Reproduktionsrate liegt bei 200%. Die Auen können schon einen Monat nach dem Ablammen wieder aufnehmen, so dass eine Zwischenlammzeit von acht Monaten möglich ist. Zwillingsgeburten sind die Regel, Drillinge sind häufig, Vier- und Fünflinge nicht selten.
Die Schlachtkörperzusammensetzung ähnelt nach Angaben der St. Croix-Zuchtorganisation derjenigen der Rambouillet-Rasse. Die Schlachtausbeute ist allerdings 23% höher aufgrund der leichteren Knochen und dem sehr geringen Fettgehalt. Das Fleisch ist zart und von mildem Geschmack.
St. Croix-Schafe sind sehr aktiv, unruhig mit einer leichten Neigung zum verwildern. Sie weisen eine sehr hohe Resistenz gegenüber inneren Parasiten auf. Auch in diesen Eigenschaften ähneln sie ihren rotbraunen Verwandten aus Barbados in auffallender Weise.
Da die St. Croix-Rasse erst seit kurzer Zeit züchterisch bearbeitet wird, weist sie noch entsprechend langsame Wachstumsraten und eine eher geringwertige Konformation auf. In Reinzucht ist sie für die Fleischproduktion wenig geeignet. Noch sind ihre Leistungen ähnlich wie die der Barbados Blackbelly. Weiterer Zuchtfortschritt ist zu erwarten. Die Rasse stellt daher eine wichtige Ressource für die Entwicklung neuer, synthetischer Haarschafrassen dar.
Für weitergehende Informationen besuchen Sie bitte die Webseiten der St-Croix-Zuchtorganisation „International St. Croix Hair Sheep Association, Inc. (a.k.a. St. Croix Sheep Breeders Association)” http://www.stcroixsheep.org/index.htm.
Die FAO (Food and Agriculture Organization der UNO) hält auf ihren Webseiten sehr ausführliche, wissenschaftlich abgesicherte Informationen über Barbados Blackbelly und St. Croix Haarschafe vor: http://www.fao.org/DOCREP/004/X6517E/X6517E02.htm .